Jan Åge Fjørtoft hat viel gesehen von Europa. Geboren wurde der heute 55-Jährige im norwegischen Gursken, einem kleinen Dorf mit knapp 260 Einwohnern. Von dort ging es vom Traditionsverein Lillestrøm zu Rapid Wien, wo er in 129 Spielen 63 Tore erzielte. Nach fünf Jahren in England, mit Stationen unter anderem bei Sheffield United und Middlesbrough, wechselte der sympathische Norweger 1998 zur Frankfurter Eintracht. Mit seinen humorvollen Kommentaren, vor allem gegenüber Journalisten, war er gleich zu Beginn ein beliebter Teil der Eintracht-Familie. Jedoch sollte der 34. Spieltag der Saison 1998/99 Jan Åge Fjørtoft zum absoluten Publikumsliebling machen und die Zukunft des Vereins in der Bundesliga auf einzigartige Weise sichern.

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Ein Nachmittag im Mai 1999

Die Eintracht war zum Ende der Saison in einer schwierigen Situation. Nachdem man über Wochen auf einem Abstiegsplatz stand und mehrere Punkte Rückstand auf das rettende Ufer hatte, wurde der als "Feuerwehrmann" bekannte Jörg Berger als Trainer verpflichtet, um das Unmögliche noch möglich zu machen. Nach dem wichtigen 2:1-Sieg über Werder Bremen am 31. Spieltag konnten die Adler auch gegen Borussia Dortmund und Schalke 04 gewinnen, um nun in den Showdown zu gehen. Gegen die beiden Teams aus dem Ruhrpott hatte Fjørtoft bereits getroffen. Um am letzten Spieltag noch eine Chance auf den Klassenerhalt zu haben, mussten die Hessen ihr Spiel gewinnen und auf Patzer der Konkurrenz hoffen. Mit Rostock, Nürnberg, dem SC Freiburg und eben jenen Frankfurtern gab es mehrere Rechenspiele, wer am Ende auf dem 16. und damit einen der drei Abstiegsplätze landen würde. 

Im Waldstadion war der 1. FC Kaiserslautern zu Gast, der zu den besten fünf Teams der Liga gehörte. Da Rostock in Führung gegangen war und auch Freiburg in Nürnberg mit 2:0 vorne lag, war davon auszugehen, dass nicht nur die Punkteausbeute, sondern auch die Tordifferenz entscheidend werden könnte. In Frankfurt stand es zur Halbzeit 0:0 und es keimte kurz Hoffnung auf, als Chen Yang die Eintracht mit 1:0 in Führung brachte. Der Ausgleich der Pfälzer in der 68. Minute war mehr als ernüchternd. Nur die größten Optimisten glaubten zu dem Zeitpunkt noch an einen Frankfurter Klassenerhalt. Was sich dann ab der 70. Minute abspielte, ging als unglaublichster Abstiegskampf in die Bundesliga-Geschichte ein. Nach dem Führungstor der Eintracht zum 2:1 hatten die Spieler aus der Main-Metropole zehn Minuten Zeit, drei Tore zu erzielen, um dann durch die mehr geschossenen Treffer via Torverhältnis in der Liga zu bleiben. Nach Gebhardts 3:1 und einem sehenswerten vierten Treffer durch Bernd Schneider, hing der Klassenerhalt der Eintracht nun am seidenen Faden.

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Der 1. FC Nürnberg, der vor dem Spieltag noch die besten Karten hatte, verpasste die Riesenchance zum 2:2 im Heimspiel gegen den SC Freiburg. Nun kam die Sternstunde von Jan Åge Fjørtoft. Nach einem Zuspiel lief der Norweger allein auf das Tor des FCK zu, vor ihm nur noch der gegnerische Torwart Uwe Reinke. Das Waldstadion hielt den Atem an, denn Fjørtoft zögerte mit dem Abschluss und kam auf die wahnwitzige Idee, direkt vor Reinke einen Übersteiger hinzulegen, um dann kurz darauf ins Tor zu treffen. Bis heute eines der verrücktesten Tore der Eintracht-Geschichte oder wie Fjørtoft mit einem Augenzwinkern später sagen würde: “Das wohl beste Tor der Saison!” Unfassbarerweise blieben die Adler dank des 5:1-Sieges der Bundesliga erhalten und die Feierlichkeiten kannten keine Grenzen. Legendär wurde Fjørtofts Kommentar nach dem Spiel über Trainer Jörg Berger, der “bestimmt auch die Titanic gerettet hätte”.  Einen flotten Spruch hatte der Norweger sogar nach dieser Nervenschlacht auf Lager.

Ein Publikumsliebling bis heute

Fjørtoft sollte sogar noch einmal die Klasse mit Frankfurt halten, dieses Mal mit Felix Magath an der Seitenlinie. Die Zeit zwischen 1998 und 2001, die der Norweger bei der Eintracht verbrachte, machen ihn bis heute zu einem gern gesehenen Gast am Main, zumal er als Markenbotschafter dem Verein weiterhin eng verbunden ist. Ohne seine Tore hätte man den Klassenerhalt nicht schaffen können. Bei Eintracht Frankfurt hat das bis heute keiner vergessen. Und wenn man zusätzlich noch auf einen schlagfertigen Kommentar hofft, ist man bei Jan Åge Fjørtoft immer an der richtigen Adresse.