Es ist nicht einfach, in einem Land, das vom Rugby dominiert wird und mit den All Blacks eines der markenstärksten Teams der Welt darstellt, ein Fußballstar zu werden. In Neuseeland ist Fußball eher eine Randsportart und in Wellington, der Hauptstadt und dem Geburtsort unserer Werder-Legende, ist mit den Wellington Phoenix immerhin ein etwas größerer Fußballverein vertreten. 1981 wurde Rufer in seinem Heimatland Jugendspieler des Jahres und wechselte kurz darauf erstmals nach Europa. Seinen Durchbruch schaffte der heute 59-Jährige in der Schweiz beim FC Zürich, wo er in 100 Spielen 43 Tore erzielte. Nach sieben Jahren im Land der Eidgenossen sollte 1989 aber seine erfolgreichste Zeit beginnen. Wo? Natürlich in Bremen! Der Vollblutstürmer traf im Werder-Trikot wettbewerbsübergreifend 104-mal und konnte unter Trainer Otto Rehhagel zweimal den DFB-Pokal gewinnen, wurde 1993 Deutscher Meister und triumphierte 1992 im Pokal der Pokalsieger auch international mit den Hanseaten.

Die rauschende Ballnacht von Lissabon

Nachdem Werder 1991 im DFB-Pokal-Finale den 1. FC Köln mit 4:3 im Elfmeterschießen bezwang, inklusive eines verwandelten Elfers von Wynton Rufer, begann die Mission Europapokalsieg für die Bremer. Nach zwei Kantersiegen über den FCM Bacău, besiegte man in der 2. Runde Ferencváros Budapest, überstand die “Hölle von Istanbul” gegen Galatasaray und Rufer und seine Teamkollegen standen nach einem furiosen 2:0-Rückspielerfolg gegen den FC Brügge im Finale des Europapokals der Pokalsieger.

Im altehrwürdigen Estádio da Luz zu Lissabon trafen die Helden von der Weser auf den AS Monaco, die von keinem Geringeren als Arséne Wenger trainiert wurden und mit George Weah einen Weltklassestürmer in ihren Reihen hatten. Dies konnten die Werderaner allerdings auch vorweisen und durch eine stabile Abwehrleistung und zwei Toren, war Bremen erstmals Europapokalsieger. Wynton Rufer sorgte mit seinem 2:0 in der 55. Minute für die Entscheidung und Lissabon war am 6. Mai 1992 grün-weiß. Rufer und die Werder-Fans konnten abermals einen Titel rund um den Roland und das Bremer Rathaus feiern.

Europapokalabende im Weserstadion

Die großen Fußballklubs waren in dieser Epoche regelmäßig in Bremen zu Gast. Ob AC Mailand, FC Porto oder der SSC Neapel: Die Europapokalabende am Osterdeich bleiben legendär. Unvergessen ist der 5:1-Erfolg über Napoli, die damals amtierender UEFA-Cup-Sieger waren. Man konnte gar in Neapel mit 3:2 gewinnen und man fertigte somit die Italiener in Hin- und Rückspiel mit 8:3 ab. Wynton Rufer konnte in beiden Spielen treffen und erzielte auch in der Runde zuvor gegen Austria Wien beim 5:0 einen Treffer.

Die wohl atemberaubendste Aufholjagd erlebten Rufer und seine Bremer im Dezember 1993 gegen den belgischen Meister RSC Anderlecht. Die Hanseaten lagen vor heimischer Kulisse bereits nach 33 Minuten mit 0:3 zurück und in der Halbzeit glaubte kaum noch einer an ein Wunder. In der 2. Hälfte drehte der SV Werder aber in einzigartiger Manier auf und konnte aus einem 0:3 ein unfassbares 5:3 machen. Wynton Rufer steuerte damals zwei Tore bei. Das Spiel gilt bis heute als ein “Wunder von der Weser” und eine der unglaublichsten Fußballgeschichten des Vereins.

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Wynton Rufer: Typisch Werder

Der Transfer von Wynton Rufer zu Werder Bremen war keine Selbstverständlichkeit. Würde es der Neuseeländer schaffen, in der Bundesliga Fuß zu fassen, ohne vorher bei großen Klubs gespielt zu haben? Es war irgendwie typisch für Werder, bei Rufer voll ins Schwarze getroffen zu haben. Denn es sind nicht nur die fußballerischen Fähigkeiten, die einen Spieler ausmachen. Menschlich war Rufer immer ein Vorbild und seine Erfolge geben ihm Recht. Seine Söhne spielen ebenfalls Fußball und sein Bruder schaffte es sogar in die Nationalmannschaft Neuseelands. Der sympathische Kiwi wird somit immer eine Werder-Legende bleiben – Rufer hat schlichtweg genau nach Bremen gepasst.