Joselu, Sie sind in Stuttgart als Kind spanischer Eltern geboren, aber relativ früh wieder nach Spanien zurückgekehrt? Können Sie uns ein wenig über Ihre Kindheit erzählen? Über Ihre Rückkehr nach Spanien und Ihren Weg zum Fußball?

An meine Zeit in Deutschland im frühen Kindesalter kann ich mich nicht mehr wirklich erinnern. Als ich meine erste Saison als Profi in Deutschland gespielt habe, ist mich meine Schwester besuchen gekommen und hat mich mit in das Haus genommen, in dem wir damals gewohnt haben. Ich muss gestehen, dass ich mich an nichts erinnern konnte. Bereits mit 3 Jahren sind meine Familie und ich nach Spanien zurückgekehrt. Sie hätte mir auch erzählen können, dass wir woanders gewohnt haben und ich hätte es ihr geglaubt. Ich war noch zu jung, um mich daran zu erinnern. Meine ersten Erinnerungen sind jedoch, dass wir nach Galizien gezogen sind, in ein Dorf namens Silleda. Ich habe dort meine ganze Kindheit verbracht habe, bis ich 12 Jahre alt war. Dort habe ich angefangen habe, einen Ball zu kicken seit... eigentlich schon immer. Sogar meine Mutter kennt mich nur mit einem Ball am Fuß. Mit viereinhalb oder fünf Jahren habe ich dann angefangen für den FC Silleda zu spielen, und von da an ging es immer weiter. Ein Aschenplatz, täglich Schürfwunden an den Knien, aber es ging immer weiter.

Was bedeutet das Land Deutschland für Sie? Hat es einen besonderen Platz in Ihrem Herzen?

Ja, natürlich. Für mich war es der Beginn einer sehr schönen Karriere. Ich bin viel herumgekommen, es war definitiv eine Erfahrung, die mich stärker gemacht hat. Es war für mich schließlich der Start einer Karriere in der 1. Liga, die Gott sei Dank immer noch anhält. Deutschland ist auch etwas Besonderes, weil meine Familie 20 Jahre lang dort gewohnt und gearbeitet hat. Inbesondere auch für meine Mutter und meine Schwester. Man schwelgt in Erinnerungen, wenn man in ein Land zurückgeht, in dem die Familie gewohnt hat. Ich erinnere mich zudem daran, dass ich mein erstes Bundesliga-Tor im Stadion von Stuttgart schoss, wo ich geboren wurde. Es musste ja so kommen. Letztendlich wird es immer ein wichtiges Land für mich sein, weil ich dort drei Jahre als Spieler verbracht habe und drei Jahre als Baby. Es war eine tolle Erfahrung. Meine Frau und ich sind sozusagen mit nichts nach Deutschland gekommen und, als wir dort weggegangen sind, war ich ein Spieler, der in dieser Liga gereift ist. Die Wahrheit ist, dass ich darauf stolz bin.

Zurück zu den Anfängen als Profispieler. Sie haben bei Celta Vigo angefangen, bevor Sie 2009 bei Real Madrid Castilla unterschrieben haben. Wie war Ihre Jugend bei Celta und welche Werte wurden Ihnen vermittelt?

Als ich bei Celta ankam, wurde ich nicht gleich unter Vertrag genommen, sondern war 28 Tage lang auf Probe dort. Mein Vater fuhr mich tagein, tagaus zum Training. Wir wohnten 130 km von Vigo entfernt. Ich habe ein 28-tägiges Probetraining absolviert, bis zu dem Tag, an dem sie mir sagten, dass ich bleiben darf. Am Ende der Trainingseinheit haben die Trainer mir den Rucksack mit der ganzen Sportkleidung von Celta gegeben und, na ja, mein Vater hat fast geweint. Das war eine Show. Wir wussten nicht, was mit uns passieren würde. Ich war schließlich erst elf Jahre alt und wir wussten nicht, was die Zukunft bringt. Ich war Teil der Jugend einer Profimannschaft, die Profis spielten in der 1. Liga. Es war eine sehr schöne Erfahrung, weil ich vom ersten Tag an beeindruckende Dinge erlebt habe. Naturrasenplätze, Kunstrasenplätze und ich mittendrin. In meinem Dorf gab es nur einen Aschenplatz. Das waren neue Dinge, die man wirklich zu schätzen wusste. Da wusste man noch alles extrem zu schätzen, jetzt vielleicht nicht mehr so sehr. Jetzt ist alles so spektakulär. Ich erinnere mich, dass ich als Balljunge im Stadion war, als Celta gegen Real Madrid und andere große Mannschaften spielte. Die Nervosität, die ich verspürte, war brutal. Es war schon eine echt tolle Jugend. Am Ende hat man jedoch nicht die gleiche Kindheit und Pubertät wie der Rest deiner Klassenkameraden. Man hat Training, Spiele und Wettbewerbe. Du siehst, wie deine Klassenkameraden mit 16-17 Jahren anfangen auszugehen. Du musstest lernen nein sagen zu können. Nun, am Ende sind es viele Dinge, wenn man sie zusammenzählt. Es sind jedoch Erfahrungen, die das Leben einem gibt und ich habe sie genauso sehr oder mehr genossen als meine Klassenkameraden. Zwar auf eine andere Art und Weise, aber es war das, was mich erfüllte und was ich für meine Zukunft wollte. Und letztendlich hatte ich das Glück, dass ich so weitermachen konnte.

Natürlich bekommen Sie letztendlich auch eine andere Art von Reife. Sie machen andere Erfahrungen.

Man reift auf eine andere Art und Weise. Ich bin aus meinem Elterhaus ausgezogen, als ich 12 Jahre alt war. Ich habe drei Jahre bei meiner Tante gelebt, dann war ich in einem Wohnheim. Aufgrund des Prozesses, den man durchläuft, muss man auf eine andere Art und Weise reifen. Ich erinnere mich, dass ich in die zweite Mannschaft berufen wurde, als ich 16 oder 17 Jahre alt war und bereits in der 2. Liga B gespielt habe. Letztendlich ist man sehr jung. Ich konnte nicht mehr zur Schule gehen, weil ich morgens trainieren musste. Meiner Mutter hat das überhaupt nicht gefallen, weil man nicht weiß, ob man es schaffen wird oder nicht, und ob es sich lohnt oder nicht. Es ist also eine komplizierte Situation. Du siehst, dass deine Freunde Samstagnacht ausgehen und du musst früh schlafen gehen, weil du am Sonntag um 12 Uhr ein Spiel hast. Die Situation gefällt dir zunächst nicht, weil du auch alles genießen willst. Jetzt sieht man es natürlich anders, aber damals gab es manchmal komplizierte Momente. Man möchte natürlich auch ein Kind sein, ein Jugendlicher sein, und Streiche spielen.

Die harte Arbeit hat sich gelohnt.

Ja, Gott sei Dank.

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Sie hatten eine sehr erfolgreiche Zeit in Deutschland. Sie haben für Hoffenheim, Frankfurt und Hannover gespielt. Welche Erinnerungen haben Sie aus dieser Zeit mitgenommen?

Ich habe keine sehr guten Erinnerungen an meine Zeit in Hoffenheim. Es war mein erstes Jahr in der 1. Liga, das erste Mal, dass ich im Kader eines Erstligisten stand. Wir hatten in einer Saison fünf Trainer, es war ein sehr schwieriges Jahr. Ich war zunächst nicht zufrieden mit der Situation. Ich bin selbstbewusst von Madrid Castilla nach Deutschland gewechselt und debütierte mit Real in der ersten Liga. Ich dachte, dass meine erste Saison in Deutschland anders ablaufen würde. Im Endeffekt hat mich das folgende Jahr bei Eintracht Frankfurt sehr gestärkt. Ich habe 14 Tore in der 1. Liga geschossen und in der Europa League gespielt. Ich war wirklich beeindruckt, was die Eintracht für die Fans bedeutet. 11.000 Fans reisten nach Porto oder 14.000 nach Bordeaux. Am Ende des Tages sind das die Dinge, die du dein ganzes Leben lang verinnerlichst, weil es Erinnerungen sind, die man nie vergisst. Hannover war auch ein sehr gutes Jahr, vor allem die ersten sechs Monate. Letztendlich sind es drei Jahre, die man auf verschiedene Weise genossen hat. Es waren drei sehr gute Jahre.

Wie sehr hat Ihnen diese Auslandserfahrung auch als Spieler geholfen? Um auch ein wenig über diese Reife zu sprechen, wie hat es Sie erwachsen werden lassen?

Meistens wird man erwachsen, wenn man das Elternhaus verlässt, oder? Ich bin mit 21 Jahren nach Deutschland gekommen. Man muss umdenken. Man ist in einem anderen Land. Man muss lernen, die Dinge zu tun, wie man sie dort tut. Man muss sich anpassen. Man reift als Mensch und als Spieler. Was dir an einem Ort geholfen hat, wird dir nicht unbedingt an einem anderen Ort helfen, weil es nicht die gleiche Herangehensweise ist. Am Ende muss man sich anpassen und das bewirkt, dass man in gewisser Weise reift und das ziemlich schnell. Ich habe im Ausland Erfahrungen gemacht, die ich bei meiner Rückkehr nach Spanien übertragen habe, sowohl in der Umkleidekabine als auch auf dem Platz. So jung in ein fremdes Land zu gehen, lehrt einen viel. Heute bin ich dankbar, dass ich diesen Schritt gegangen bin.

Sie sind in der letzten Saison 2019 ein wenig zu Ihren Wurzeln, nach Spanien, zurückgekehrt. Sie waren auf Anhieb bester Torschütze der Mannschaft. Wie wohl fühlen Sie sich bei Deportivo Alavés?

Ich fühle mich sehr wohl. Die Art und Weise, wie die Leute mich behandeln und vor allem, wie sie mich vom ersten Tag an behandelt haben, dafür bin ich sehr dankbar. Ich versuche in jedem Spiel zu zeigen, was ich geben kann. Sei es durch meine Tore, aber auch Arbeit, Aufopferung, und das Trikot für diesen Verein nasszuschwitzen. Alaves hat mir die Möglichkeit gegeben, zurück nach Spanien zu kehren, sodass mein Name wieder im Gespräch ist. Ich werde versuchen, bei jedem Spiel alles zu geben, damit die Mannschaft auch in der nächsten Saison dort ist, wo sie hingehört. Nämlich in der 1. Liga. Es ist klar, dass wir gerade keine gute Zeit erleben, aber so ist der Fußball. Er hat seine Höhen und Tiefen. Ich denke, wir werden es schaffen. Wir müssen an uns glauben. Es sind noch zehn Endspiele, und Alavés ist am Ende eine Mannschaft, die es verdient hat, in der 1. Liga zu sein. Ich werde also versuchen, mit Arbeit, Aufopferung und Toren zu helfen, sodass wir bei jedem Spiel drei Punkte holen, um so die Wünsche aller Fans zu erfüllen.