Der Begriff “Straßenfußballer” wird im Jahre 2021 nur noch selten benutzt. Der klassische Aufstieg von den maroden Kopfsteinpflastern eines armen südamerikanischen Dorfes bis hin zu den Top-Teams in Europa inklusive Monatsgehältern, von denen man nicht mal gewagt hat zu träumen, findet heutzutage seltener statt. Auch weil die Spielekonsole den Fußball auf der Straße vielerorts abgelöst hat. Diego Armando Maradona ist sicher das bekannteste Beispiel im Weltfußball und doch weiß man in Bremen um die Geschichte einer ganz besonderen Legende von der Weser.

Claudio Pizarro wurde 1978 in Callao (Peru) geboren und wuchs in der Millionenstadt Lima, genauer gesagt im Stadtteil Santiago de Surco, auf. Rasenplätze waren zu jener Zeit rar und Pizarro lernte das Fußballspielen auf den Ascheplätzen Perus. Seine Affinität zum Sport war nicht nur auf den Fußball begrenzt und im Teenager-Alter wurde klar, dass “Pizza”, wie er in Bremen liebevoll genannt wird, ein echter “Knipser” werden würde.

Somit war seine nächste und zugleich erste Station auf dem europäischen Kontinent der SV Werder Bremen. Ein Coup der Scouting-Abteilung, wie sich herausstellen sollte.

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Werder und Pizarro: Liebe auf den ersten Blick

Gleich in den ersten beiden Spielzeiten zwischen 1999 und 2001 schoss sich der Peruaner in die Herzen der Werder-Fans: 29 Tore in 56 Spielen und das Erreichen des Endspiels um den DFB-Pokal. Früh war klar, dass Pizarro auch bei anderen Vereinen Begehrlichkeiten wecken würde. Somit folgten erfolgreiche Zeiten beim FC Bayern München und dem FC Chelsea als Teil seiner Karriere.

Und doch kehrte Claudio immer wieder zurück in die Hansestadt. Erst als Leihgabe in der Saison 2008/2009, wo Pizarro 17 Tore in 26 Spielen erzielte und in der Startelf des DFB-Pokalfinales in Berlin stand. Ein 1:0 gegen Bayer Leverkusen und der bis dato letzte große Titel der Hanseaten. Pizarro wurde dann, nach Ende der Leihe, fest verpflichtet und steuerte bis 2012 43 Tore in 77 Spielen bei. Nach einem weiteren Intermezzo bei den Bayern, kehrte der Bremer Held 2015 abermals zu Werder zurück und traf bis zu seinem Karriere-Ende weitere 20-mal für den Traditionsverein von der Weser. Mit sage und schreibe 41 Jahren beendete der Stürmer zum Abschluss der Saison 2019/20 seine Karriere – natürlich beim SV Werder Bremen.

Rekorde über Rekorde

Bis zum heutigen Tag hält Pizarro, der sowohl einen peruanischen, deutschen und italienischen Pass besitzt, etliche Rekorde. Er ist Rekordtorschütze vom SV Werder, hat in 21 aufeinanderfolgenden Kalenderjahren immer mindestens ein Tor geschossen und ist der am häufigsten eingesetzte ausländische Bundesligaspieler. Claudio Pizarro ist zudem der älteste Torschütze der Bundesliga-Geschichte und hat im deutschen Oberhaus insgesamt gegen 38 verschiedene Mannschaften gespielt – ebenfalls unerreicht! Und auch in Sachen Titeln ist der Peruaner ganz vorne dabei. Jeweils sechs Deutsche Meisterschaften und DFB-Pokalsiege, Klub-Weltmeister, Champions League Sieger und ein Super Cup Triumph stehen auf seinem Konto, dazu der Ehrenpreis der DFL im Jahre 2019. Von Callao bis Bremen bleibt diese Vita ein Stück Fußballgeschichte.

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Vom ersten Tag an demütig und bodenständig

Es sind jedoch nicht die Titel, Tore und Rekorde, die Pizarro ausmachen. Es ist auch nicht nur der Spieler, sondern vor allem der Mensch Claudio Pizarro. Der Peruaner war immer bodenständig, arbeitete stets hart und ist bis heute eine gern gesehene Erscheinung in und um den Fußball. Er hat seine Heimat nie vergessen und kehrt regelmäßig nach Peru zurück, wo seine engsten Familienangehörigen Werder Bremen genauso in ihr Herz geschlossen haben, wie “Pizza” selbst. Es hat einfach gepasst zwischen dem SVW und Pizarro. Der sympathische Stürmer, der sein Talent durch kontinuierliche Arbeit vergolden konnte und eine fabelhafte Karriere bis ins ganz hohe Fußballalter hinlegte. Und wer weiß, vielleicht gibt es irgendwann wieder einmal ein “Wunder von der Weser”. Claudio Pizarro wäre sicherlich live im Stadion mit dabei.