Kann die NFL den deutschen Markt erobern?
American Football gilt in der USA als Sportart Nummer 1. Auch in Deutschland hat die NFL in den letzten Jahren stark an Stellenwert gewonnen. Betway Insider hat sich mit diesem Thema beschäftigt und aufgezeigt, welch enormes Wirtschaftspotential hinter den amerikanischen Sportarten steckt.
Mehr als 2 Millionen Deutsche sahen zu, wie Tom Brady, der vielleicht beste Quarterback aller Zeiten, die Tampa Bay Buccaneers im Super Bowl LV zum Sieg führte.
Die Bucs gingen als Außenseiter in das Spiel gegen das Team aus Kansas City, angeführt von Superstar Patrick Mahomes. Doch Tampa Bay und Brady setzten sich letztlich durch. Daten des Fernsehsenders NBC Sports zeigen, dass bis zu 2,2 Millionen Menschen in Deutschland bis nach Mitternacht aufblieben, um zumindest einen Teil des Spiels zu sehen.
Das unterstreicht das enorme Potenzial des deutschen Marktes und das Bemühen der NFL eine globale Marke zu werden, die es mit den Top-Fußballligen in Bezug auf weltweite Attraktivität aufnehmen kann. Was können die NFL-Chefs also tun, um aus dem ständig wachsenden Interesse für American Football in Deutschland Kapital zu schlagen?
Betway Sportwetten hat sich mit diesem Thema genauer befasst und das enorme internationale Wirtschaftspotential der amerikanischen Sportarten untersucht.
Die Herausforderung
Die NFL hat ihren Status als beliebteste und wertvollste Liga in den USA im letzten Jahrzehnt zementiert. In anderen Ländern bleibt American Football vergleichsweise jedoch ein Nischenprodukt.
Wenn man in Europa, Asien, Afrika oder Lateinamerika in eine Sportbar geht, werden die Bildschirme von Fußball dominiert, mit ein paar Ausnahmen von Cricket, Tennis, Golf und Motorsport.
Die Herausforderung für die NFL besteht darin, ihre Strahlkraft in der ganzen Welt auszubauben. Das ist insofern schwierig, denn die Spiele werden oftmals zu ungünstigen Zeiten übertragen und dazu kommt, dass American Football ein komplexer Sport und damit für Neueinsteiger oft schwer zu verstehen ist. Diese Faktoren, konkurrierende Sportarten, sowie der aufkeimende E-Sports-Sektor, machen die Aufgabe für die NFL nicht leichter.
Bewältigung einer internationalen Expansion
Die Liga hat sich bemüht, ihre weltweite Fangemeinde zu vergrößern, indem sie Spiele der regulären Saison in ausländischen Märkten austrägt. Die NFL International Series fanden bereits in Kanada und Mexiko statt, doch der ambitionierteste Schritt ist die jährliche Austragung von Spielen in London seit 2007.
Die NFL gibt an, 15 Millionen Fans im Vereinigten Königreich zu haben, von denen 4 Millionen als "begeisterte Fans" gelten. Das mag übertrieben sein, da American Football im Vereinigten Königreich weit hinter Fußball, Cricket, Formel 1, Rugby Union, Rugby League, Tennis und Golf liegt, aber es hat der Liga zweifelsohne Auftrieb gegeben.
Das Vereinigte Königreich ist ein englischsprachiges Land mit starken Verbindungen zu den Vereinigten Staaten. Außerdem ist es die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt und hat Millionen von leidenschaftlichen Sportfans.
Deutschland ist jedoch ein noch größerer Gewinn. Es ist die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt, deutlich größer als das Vereinigte Königreich, und es ist hungrig nach mehr Profi-Football.
Daten zeigen, dass mehr Deutsche nach London gereist sind, um NFL-Spiele zu sehen, als Fans aus irgendeiner anderen Nation in Europa. Für die NFL ist es nun an der Zeit, diese Verbindung zu bekräftigen. Daher wird die International Series als nächstes Deutschland ansteuern.
Großes Interesse deutscher Austragungsorte
Berichten zufolge haben sieben deutsche Städte ihr Interesse bekundet, Spiele der regulären Saison auszutragen, sobald die International Series wieder aufgenommen wird. Die Serie ist derzeit wegen der Covid-19-Pandemie ausgesetzt, aber die Spiele werden wohl bald nach London zurückkehren, und auch die deutschen Städte wollen ein Stück vom Kuchen abhaben.
Eine in London ansässige Firma namens The Sports Consultancy unterstützt die NFL dabei, das Potential deutscher Städten zu prüfen und diskutiert, wie "strategische Partnerschaften für potenzielle Spiele in den Jahren 2022-2025 strukturiert werden könnten".
Ausarbeitung eines Partnerschaftsmodells
"Wir arbeiten mit den einzelnen Städten zusammen, um sie bei der Zusammenstellung ihres Bewerbungskonzepts, der Entwicklung ihres Partnerschaftsmodells und der Beurtilung der operativen Machbarkeit zu unterstützen", erklärte Matt Wilson, Director of Consulting, kürzlich gegenüber Reportern.
Noch in diesem Monat werden erste Vorschläge erwartet, die es der NFL ermöglichen werden, eine Auswahlliste potenzieller Austragungsstädte zu erstellen. Für Anfang 2022 wird die Verkündung des Wunschpartners erwartet.
Die Stadt München hat bestätigt, dass sie sich in ersten Gesprächen mit der Liga befindet, so dass wir in Zukunft American Football in der Allianz Arena sehen könnten. Berlin nimmt demnach nicht am Bewerbungsverfahren teil, jedoch sind Hamburg und Düsseldorf mit in der Verlosung.
Wilson von The Sports Consultancy sagte, seine Firma sei vom Interesse der deutschen Städte ermutigt worden und fügte hinzu, er sei "beeindruckt von der Geschwindigkeit, mit der Bieterkonzepte erstellt worden sind".
Augen auf das Ziel
Deutschland ist in Bezug auf die NFL-Fanaktivität, den Verkauf von Fanartikeln und die Zuschauerzahlen überdurchschnittlich stark positioniert, weshalb die NFL plant, diesen lukrativen Markt in doppelter Hinsicht zu erschließen.
Die Liga hat bereits enge Verbindungen zu mehreren renommierten deutschen Marken. So unterzeichnete zum Beispiel Mercedes einen 27-Jahres-Vertrag im Wert von 324 Millionen Dollar, um sich die Namensrechte für das Stadion der Atlanta Falcons zu sichern, während Patrick Mahomes zusammen mit den NBA-Stars James Harden, Damian Lillard und Donovan Mitchell seine eigenen Adidas-Schuhe entworfen hat.
Dennoch konzentrieren sich die NFL-Sponsoren vorwiegend auf den amerikanischen Markt. Ganz anders handeln die großen europäischen Fußballligen wie die Premier League und Bundesliga, die unzählige lukrative Verträge mit einer Vielzahl internationaler Firmen abgeschlossen haben.
Die NFL könnte durch die Austragung von Spielen der Regular Season in Deutschland und den Aufbau einer europäischen Fangemeinde potentiell zusätzliche Sponsorengelder im Wert mehrer Milliarden Dollar einnehmen. Nach dem pandemiebedingten Einnahmeneinbruch um bis zu 20 %, muss die Liga ihre Finanzen neu aufstellen. Da US-Markt bereits gesättigt scheint,sucht die NFL nun im Ausland nach neuen Wachstumsmöglichkeiten.
Ein Game Changer
Die wöchentliche Einschaltquote von NFL-Spielen in Deutschland ist seit 2017 jährlich um mehr als 20 % gestiegen, berichtet die Liga in einer aktuellen Meldung. Die Deutschen können NFL-Spiele auf ProSieben oder Amazon Prime sehen, aber sie finden oft in den frühen Morgenstunden statt.
Ein Spiel der regulären Saison auf deutschem Boden zur besten Sendezeit wäre für das TV-Publikum ein weiterer Meilenstein.
Es wäre das erste Mal, dass ein Spiel der Regular Season in Deutschland stattfinden würde. Zwar wurde in der Vergangenheit bereits im Rahmen der NFL Europe Amrican Football mit NFL-Sponsoring im ganzen Land gespielt, aber es geht nunmal nichts über das echte Spiel.
Zwischen 1991 und 2007 traten die Berlin Thunder, Cologne Centurions, Frankfurt Galaxy, Hamburg Sea Devils und Rhein Fire als deutsche Vertreter in der europäischen Liga an. Von den acht deutschen Stadien, in denen die Spiele ausgetragen wurden, stehen heute noch die meisten.
Außerdem fanden zwischen 1990 und 1994 auch Preseason-Spiele der NFL in Deutschland statt. Die Basis für ein Regular Season-Spiel ist somit in Deutschland gelegt.
Deutsche in der NFL
Auch mehrere deutsche Spieler haben es in den letzten Jahren, unter anderem durch das International Pathway Player Program, in die NFL geschafft.
Der aktuell bekannteste Spieler ist Jakob Johnson, der für die Stuttgart Scorpions spielte, bevor er nach Jacksonville wechselte. Er spielt jetzt für die New England Patriots und folgt in die großen Fußstapfen seines Landsmanns Sebastian Vollmer der an der Seite von Tom Brady in New England zwei Super Bowl-Ringe gewinnen konnte.
Aktuell hat es neben Jakob Johnson nur Amon-Ra St. Brown bei den Detroit Lions fest in den Kader eines NFL Teams geschafft. Equanimeous St. Brown, Amon-Ra’s älterer Bruder, pendelt zur Zeit zwischen dem 53er-Kader und dem Practice Squad der Mitfavoriten um den Titel, Green Bay Packers.
Zudem sollten alle Fans der deutschen Spieler ein Auge auf Defensive Lineman Hero Kanu legen. Der junge Deutsche spielt bei Ohio State am College und wird als das nächste große Talent des Jahrgangs 2022 gehandelt.
Konkurrenz nimmt zu
Doch auch die konkurrierenden US-Sportligen haben ein Auge auf den deutschen Markt geworfen. Die NBA erfreut sich dank der Erfolge des "German Wunderkinds" Dirk Nowitzki bereits großer Beliebtheit.
Dennis Schröder spielt heute Boston Celtics und auch Maxi Kleber, Daniel Theis, Isaac Bonga, Moritz Wagner und Isaiah Hartenstein sind in Nowitzkis Fußstapfen getreten.
Der deutsche Superstar Leon Draisaitl hat sich inzwischen als einer der fünf besten Spieler der NHL etabliert. Er gewann im vergangenen Jahr nach einer bemerkenswerten Saison für die Edmonton Oilers die Art Ross Trophy, die Ted Lindsay Trophy und die Hart Memorial Trophy.
Der Kampf um die Aufmerksamkeit
Angetrieben von den Erfolgen deutscher Spieler in den Vereinigten Staaten, ist das Interesse an Basketball und Eishockey in die Höhe geschnellt. Neben der US-Konkurrenz fiebern die Deutschen bereits ihren Fußballteams oder den Rennen der Formel 1 mit. Auf dem Tennisplatz spielen sich Olympiasieger Alexander Zverez und die dreimalige Grand-Slam-Siegerin Angelique Kerber in den Vordergrund und auch der zweimaligen Major-Sieger Martin Kaymer veersucht sich seine Scheibe des Kuchens auf dem Golfplatz abzuschneiden.
Die NFL muss hart arbeiten, um sich von der Masse der Sportübertragungen abzuheben.
Die jährliche Austragung eines Spiels der regulären Saison in Deutschland könnte sich daher als entscheidend erweisen. Die NFL muss sich nur noch um die Logistik kümmern.
Der Beginn einer neuen Ära
"Wir freuen uns sehr über die Entwicklung unserer deutschen Fangemeinde, und es ist an der Zeit, einen Partner zu finden, der im Rahmen unserer internationalen Wachstumsstrategie ein Spiel auf NFL-Niveau ausrichten kann", sagte Brett Gosper, Leiter der NFL-Abteilung für Großbritannien und Europa, in einer kürzlich abgegebenen Erklärung.
"Wir brauchen engagierte und motivierte Gastgeber, die den öffentlichen Sektor, den Veranstaltungsort, den Sport, die Gemeinde und die Großveranstaltungen abdecken und uns dabei helfen können, eine Veranstaltung mit großer Wirkung und eine langfristige Partnerschaft zu entwickeln."
Für die NFL dürfte es nicht schwer sein, den richtigen Partner zu finden, denn Deutschland verfügt über eine Weltklasseinfrastruktur, ein reiches sportliches Erbe und die erwiesene Fähigkeit, große internationale Turniere wie die Fußballweltmeisterschaft und die Olympischen Spiele auszurichten. Deutschland könnte nun im Jahr 2022 die ersten echten NFL-Spiele ausrichten und damit eine neue goldene Ära für die Liga einläuten.